Der Bakelit-Planet

Letztlich fragte mich ein Arbeitskollege „Charly“, ob ich mal nach seinem Röhrenradio schauen könnte, das Magische Auge wäre blind und überhaupt müsste es einmal überholt werden. Er hatte es mal auf einem Trödelmarkt gekauft, weil er es passend zu den dunklen Möbeln fand und weil er auch auf „altes Zeug“ z.B. Traktoren-Oldies steht. Also brachte er den Patienten zu mir: es ist ein Loewe Opta Planet 556W im dunklen Bakelit-Gewand.

Loewe Opta Planet 556W

Loewe Opta Planet 556W

Leider habe ich vor lauter Arbeitseifer vergessen, Fotos vom Ausgangszustand zu machen. Das Gehäuse sah matt aus und auch die Goldkanten waren teilweise nicht mehr da. Also musste hier abgeklebt und neue Linien gezogen werden.

Loewe Opta Planet 556W

ständiges Abkleben und Nachziehen der goldenen Linien

Bei den Drehknöpfen kann man das Messing wieder einfach auf Hochglanz bringen. Leider ist die winzige Nut bzw. Rille nur mit Goldfarbe gefüllt. Hier nahm ich einen Schaschlik-Spieß und „tropfte“ die goldene Farbe in die Rille.

Loewe Opta Planet 556W

der innerste Ring ist nur gemalt

Von der Technik her war es sehr entspannt: gerade mal eine Hand voll kritische Kondensatoren sind zu wechseln. Die blinde EM4 wurde durch eine 6E5C ersetzt, hierbei musste von Topf- auf Oktalsockel umgebaut werden. Die alte ECC85 war auch schon etwas müde geworden, auch die Sender drifteten nach ein paar Minuten etwas.

Loewe Opta Planet 556W

Überbleibsel

Leider hatte der Lautsprecher einen ca. 2cm langen Riss. Den habe ich mit der bekannten Teebeutel + Tapetenkleister – Reparatur wieder verleimt, mal sehen, ob er hält. Die Schallwand hab ich auch einigermaßen sauber bekommen, die sah vorher Richtung Skalenglas fast schwarz aus.

Die Mechanik der Drehpotis und die Seilrollenlager entfettete ich, da sie schon stark verharzt waren. Anschließend wurde wieder alles neu mit synthetischem Schmierstoff geölt. Jetzt kam die Polierarbeit: Das Gehäuse behandelte ich mit Lackreiniger und anschließend wurde es mit Autowachs versiegelt.

Loewe Opta Planet 556W

Bakelit-Kasten

So, mal sehen, was Charly nun zu seinem kleinen schnuckeligen Radio sagt, wenn er es in den nächsten Tagen wieder zurück bekommt.

Technische Daten:

Produktionsjahr: 1954/1955
6 Röhren: ECC85, ECH81, EF89, EABC80, EM4, EL41
6 AM-Kreise + 9 FM-Kreise, Langwelle, Mittelwelle und UKW
1 Lautsprecher, 4 W
Gehäuse: Bakelit (Pressstoff) , leicht schwarz-braune Marmorierung
Größe: 470 x 330 x 220 mm

Der Schaltplan lag dabei, allerdings scheint er etwas gelitten zu haben.
Download als pdf (900kb)

2 Beiträge zu “Der Bakelit-Planet”

  1. Diogenes sagt:

    Ein wunderbares Ergebnis ! Auch die Bakelitkisten haben ihren Charme.

    Die Methode „Lackreiniger“ –> „Autowachs“ ist wirklich gut.

    Zum Thema „EM4“ : Es läßt sich auch sehr gut eine „EM71“ verwenden; ohne Fassungswechsel kann man wie folgt vorgehen:

    Man entfernt den Röhrensockel von der unbrauchbaren EM4. Nun baut man in diesen rückgewonnenen Sockel die Fassung (Locktalsockel) f. die EM71 ein, fertig ist die Adapterfassung.

    Zum Thema „verharzte Potiachsen“: Das ist manchmal ein hartnäckiges Problem; man kommt evtl. mit Lösungsmitteln nicht weiter.. Insbesondere bei völlig festsitzenden Potis oder Drehkos ist man dann fast machtlos.
    Bei einachsigen Potis habe ich oft mit der „Lötkolbenmethode“ den erwünschten Erfolg erzielt: Man nehme einen 30 – 50 Watt Lötkolben und entnehme die Lötspitze (meist 6-8 mm). Nun schiebt man den Lötkolben über die Poti-Achse und zieht die Arretierschraube des Lötkolbens leicht fest. Nun kommt „Fingerspitzengefühl“ ins Spiel: Lötkolben einschalten, etwas warten, bei erster Hitzebildung langsam den Kolben hin- u. herzudrehen versuchen. Sobald sich etwas bewegen läßt, Kolben sofort aus. Weiterdrehen bis sich alles leicht anfühlt, Arretierschraube lösen, Kolben abziehen, sofort Lötspitze rein u. arretieren (Lötkolben entlasten). Sofort mit den bekannten Lösungsmitteln das nun wärmebehandelte Poti (Drehko) einsaften. Immer drehen drehen drehen. Wie gewohnt weitermachen und Endbehandlung durchführen.

    Thema Lautsprecher (Riß, Loch etc.) Teebeutel –> Filtertüte:

    Man sollte alte Kleinlautsprecher aus Schlachtungen verwahren und daraus „Flicken“ gewinnen. Geeignet für Reparaturen am LS-Trichter. Alles vorsichtig mit feinstem Schleifpapier bearbeiten, Flicken dürfen nicht eckig sein (rundlich ausschneiden)

    Risse in der Sicke sind deutlich schwieriger. Hier kann man wirklich eher mit Tee-Filterpapier Erfolg erzielen. In manchen Fällen sollte man zur Armierung Haare mit einarbeiten.

    In allen Fällen rate ich jedoch zu Holzleim als Verbinder (ohne Werbung zu machen: Ich hatte mit verdünntem Ponal-Express viel Erfolg).

    Liebe Grüße an Tilo und alle anderen Radio-Romantiker…

Schreibe einen Kommentar zu Diogenes Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert